Newton-Kenotaph

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Newton setzte einen Meilenstein in der wissenschaftlichen Erklärung der heliozentrischen Weltanschauung. Die gleichzeitige Anwendung von den Mathematischen Grundlagen der Naturphilosophie von 1687 (das Gravitationsgesetz, Körper üben Kraft allein durch ihre Massen aufeinander aus, und die Newtonschen Axiome) ließen Newton zum Begründer der Himmelsmechanik werden. Es war nun kein göttlicher Wille mehr, der die Gestirne lenkte, sondern sie folgten Gesetzmäßigkeiten, die unabhängig von Gott waren. Newton verbannte also Gott aus der sichtbaren Natur und erklärte die Himmelsphänomene ohne dessen Einwirkung.

Für diesen Newton entwirft Boullée sein berühmtestes Werk, den Newton-Kenotaph. Er beginnt die Beschreibung mit einer Anrufung: „Herrlicher Geist! Umfassendes tiefschürfendes Genie! Göttliches Wesen!“ in seiner theoretischen Schrift Architektur.

Das Newton-Kenotaph sollte Newton würdig sein, Boullée wollte Newton mit seiner eigenen Entdeckung umhüllen. So war die Kugel die einzige Form die für ihn in Frage kam. Die Kugel ist begehbar und wurde mit einem Durchmesser von mehr als 150 Meter entworfen. Boullée zeichnete sie auf vier großen Blättern, Schnitt und Ansicht, einmal bei Tag und einmal bei Nacht. Die Kugel erhebt sich aus einem gewaltigen Ring von drei Mauern. Der untere und zu einem geringen Teil der mittlere Ring sind auf einer Seite geöffnet. Im Innern des Rings führen Treppen auf eine um die Kugel verlaufende Plattform, die grün bepflanzt ist. Der Austritt ist in der Achse des Eingangs, über diesem erhebt sich eine Treppenanlage die von einem rauchenden Tempel gekrönt wird. Insgesamt führen von unten 4 Gänge in das Innere der Kuppel. In der Mitte unter der Kuppel in diesem riesigen Raum, steht der eigentliche Kenotaph. Durch eine Öffnung in der Kuppelschale fällt Licht bei Tage und bei Nacht in die Kuppel, die „Lampe“ ist also die Sonne. In diesem Raum ist Newton umhüllt von seiner Entdeckung, dem Weltall. Es wirkt ziemlich groß, und sollte Newtons wissenschaftliche Leistung symbolisieren. Es ist ein sehr bezeichnendes Beispiel für zwei wesentliche Merkmale der Revolutionsarchitektur: die Häufung der Baumassen und die Verwendung einfacher, geometrischer Formen. Von außen ist es die Erde, von innen ist es ein Sternenhimmel, heute würde man so einen Bau bei einem Planetarium wieder finden.

Kenotaph

Der Newton-Kenotaph gehört zu einer Gruppe von ca. dreißig Projekten die Boullée für seine Abhandlung über Kunst schuf. Ihm wurde oft vorgeworfen, dass seine Projekte megaloman (größenwahnsinnig) und unausführbar seien, doch dies störte ihn nicht, denn sein ziel war es nicht, diese Projekte zu verwirklichen. Er erklärte sich auch selbst mit dem Ausspruch „Auch ich bin ein Maler“ zum Maler von Architektur. So wollte er nicht in der Ausführung die Vollendung finden, sondern in dem perspektivischen darstellen mit Licht- und Schatteneffekten dies war im 18. Jahrhundert so üblich, Boullée geht aber noch weiter, er stellt das Projekt sogar in eine Landschaft. Sein Vorbild war Piranesi. Der Newton-Kenotaph scheint zeitlos, aber ihm liegen historische Vorbilder zugrunde, „nach dem Vorbild der Alten… mit Blumen und Zypressen“, auch spielt er auf das Mausoleum Augustus und Hadrians an. Boullée war von der Erhabenheit der antiken Architektur Roms überzeugt, doch wendet er sich in die Zukunft und versucht einfache Formen, wie Kugel, Kegel, Kubus und Pyramide in nicht messbare und nicht vergleichbare Projekte umzusetzen. Bei dem Newton-Kenotaph ist dies berechtigt, denn Newton selbst war ein Weltbaumeister, er verstand die Welt und hat sie begriffen. „Sein Kenotaph ist Abbild der Welt – innen Sternenhimmel, außen Erdkugel.“

Étienne-Louis Boullée war Sohn eines Architekten und Bauunternehmers, brach eine
Malerlehre ab und wurde dann auf Wunsch des Vaters Architekt. Seine Lehrer Jacques-
Francois Blondel und Jean-Lauernt Legeay machten ihn mit der neusten Entwicklung in Rom bekannt, sie waren beide Führende Theoretiker des französischen Klassizismus. Er lehrte ab 1747 and er École des Ponts et Chaussées und brachte 1753 Marc-Anoine Laugiers Essais sur l’Architecture, dies gilt als Manifest des Klassizismus, heraus. Er errichtet vor allem das Stadtpalais in Paris und gestaltete zahlreiche Inneneinrichtungen. Der Entwurf der Pariser Münze machte ihn zum Mitglied der zweiten Klasse der Académie Royale d’Architectur. 1780 erfolgte dann die Aufnahme in die erste Klasse.

Weitere Werke: Entwurf zu einem Um- oder besser Neubau Versailles, Entwürfe für eine
Kathedrale, ein Stadion, Kenotaphe (darunter das Newton-Kenotaph), mehrere Friedhöfe, ein Museum, einen Lesesaal der Nationalbibliothek, für den Palast eines Herrschers, der Nationalversammlung und der Justiz, für einen Leuchtturm, ein Fort, eine Stadtmauer, ein Stadttor und anderes.

Er gehörte auch zu den Gründungsmitgliedern des Institute de France, das die Nachfolge der königlichen Akademien antrat, er lehrte bis zu seinem Tod am 6. Februar 1799 in Paris.

Die Architektur sollte von nun an nicht mehr der Religion oder den Feudalherrschern dienen, sie sollte vielmehr den Geist positiv beeinflussen und zu Vernunft und moralgeleitetem Handeln bewegen. Dazu musste das Bauen jedoch ethisch-moralische Kriterien erfüllen, Architektur soll zweck- und materialgerecht und damit „wahr“ sein. Folglich musste die Architektur selbst „sprechen“ und die Ideen der Aufklärung zum Ausdruck bringen. Dies setzen zum Teil die Vertreter der französischen „Revolutionsarchitektur“ so deutlich um, dass man sie oft als „expressiv“ bezeichnet.

* Kenotaph = leeres Grab

Geschrieben von Ben Säurig© (Kunstgeschichte Referat)

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